Wie können wir unsere Demokratie fit machen für große Veränderungsprozesse wie die Transformation zur Klimaneutralität? Wir haben fünf zentrale Hürden identifiziert und stellen passende Maßnahmen vor, mit denen wir ihnen begegnen können.
Die Transformation zur Klimaneutralität bringt enorme Veränderungen mit sich. Wir können diese nur bewältigen, wenn wir uns über ihr Zielbild einig sind, grundlegende Fakten als gemeinsames Wissen akzeptieren können und in unser politisches System vertrauen. Jedoch sehen wir uns aktuell mit zwei Herausforderungen konfrontiert, die sich gegenseitig bedingen: Politik und Gesellschaft sind in der zentralen Frage der Klimaneutralität gespalten und gleichzeitig wächst die Unzufriedenheit gegenüber unserem politischen System.
Fünf Hürden für Transformationsprozesse
Diese beiden Herausforderungen – die Spaltung der Gesellschaft und die Unzufriedenheit gegenüber dem politischen System – äußern sich in fünf zentralen Hürden, welche die Bewältigung großer Transformationsprozesse erschweren:
- Skandalisierung anstatt ernsthafter Debatten: Die Medien zelebrieren Kontroversen und Skandale, wodurch sie die eigentliche Herausforderung und glaubwürdige Lösungen in den Hintergrund drängen. Außerdem erschweren sie dadurch die detaillierte Darstellung der Faktenlage.
- Individualisierung der Gesellschaft: In einer zunehmend individualisierten Gesellschaft rücken persönliche Bedürfnisse und die individuelle Entfaltung verstärkt in den Vordergrund, während kollektive Ziele in den Hintergrund treten. Dies erschwert das Finden gemeinsamer Lösungen für gesellschaftliche Herausforderungen. Dabei ist ein breiter gesellschaftlicher Konsens notwendig, um tiefgreifende Veränderungen erfolgreich umzusetzen.
- Homogene Netzwerke und Echokammern: Immer mehr Menschen ziehen sich – bedingt durch den digitalen Wandel und die Sozialen Medien – in isolierte Räume, sogenannte Echokammern oder Filterblasen, zurück. Durch diese Echokammern spaltet sich die Gesellschaft in verschiedene Gruppen, die wenig miteinander interagieren und daher immer schwieriger Verständnis füreinander aufbringen. Das erschwert den Meinungsaustausch.
- Ansehen von Institutionen schwindet: Früher genossen gesellschaftliche Institutionen wie Kirchen, Verbände und Parteien hohes Ansehen. Sie galten als Kompetenzträger und wichtige Lösungsfinder für gesellschaftliche Fragen. Doch heutzutage nimmt ihr Ansehen ab und die Menschen verlieren zunehmend das Vertrauen in sie.
- Der politische Kompromiss ist aus der Zeit gefallen: Die Bürgerinnen und Bürger erwarten von der Politik Lösungen. Die aktuelle Regierung schafft es zurzeit jedoch nur, Lose-Lose-Situationen zu kreieren, in denen sich alle Partner als Verlierer darstellen, statt gemeinsame Erfolge als Win-Win-Lösungen zu kommunizieren.
Wie können wir unsere Demokratie stärken und den Weg in Richtung Klimaneutralität einschlagen?
Durch unsere langjährige Erfahrung in der Bewältigung komplexer Transformationsprozesse wissen wir, dass eine dialogorientierte Politik für Sachorientierung, Rationalisierung und Deeskalation von Debatten sorgt. Dafür braucht es:
Debatten- und Resonanzräume für Dialog und gemeinsames Gestalten
Die Bewältigung komplexer Herausforderungen erfordert differenzierte Betrachtungen und Diskussionen. Dialogräume bieten die Möglichkeit Fakten darzulegen und ein gemeinsames Problemverständnis zu schaffen. Kontroverse Argumente, Meinungen und Perspektiven werden ausgetauscht und Lösungen erarbeitet. Obwohl Dialoge nicht unbedingt zu einem Konsens führen, fördern sie dennoch gegenseitiges Verständnis und ermöglichen eine gesamtheitliche Betrachtung.
Selbstwirksamkeit und lebendige Kultur durch Einbindung der Bevölkerung
Eine lebendige Demokratie benötigt den direkten Austausch zwischen Politik und der breiten Öffentlichkeit. Gemeinsam mit Bürger:innen kann die Politik Lösungen entwickeln, die von der Gesellschaft mitgetragen werden. Beteiligung fördert das Verständnis für die spätere Umsetzung und legitimiert den demokratischen Prozess. Bürgerräte und Bürgerdeliberationen gewinnen zunehmend an Bedeutung und ergänzen die politische Arbeit wirksam.
Vertrauen in die Entscheidungs- und Lösungskompetenz der politischen Führung stärken
Das Vertrauen der Gesellschaft in die politische Führung für die Bewältigung von Transformationsprozessen wird gestärkt, wenn ein glaubwürdiges Bemühen um Lösungen erkennbar ist. Lösungsorientiertes Arbeiten erfordert oft Diskussionen und den offenen Austausch von Ideen. Die Einbindung der Bevölkerung, eine transparente Kommunikation über Entscheidungen und Prozesse sowie eine sichtbare Umsetzung angekündigter Maßnahmen oder Ergebnissen aus Dialogprozessen sind entscheidend, um die Glaubwürdigkeit und das Vertrauen in die politische Führung zu stärken.
Mit Bürgerbeteiligung und Bürgerdialogen Transformationen gestalten
Durch einen gemeinsamen Dialog mit relevanten Interessenvertretungen und der Bürgerschaft können Entscheidungstragenden fundierte Entscheidungen treffen, die die Bedürfnisse der Betroffenen berücksichtigen und auf transparentem Konsens und Dissens basieren.
Sie wollen sich tiefergehend mit der Frage auseinandersetzen, wie wir unsere Demokratie fit machen können für komplexe Transformationsprozesse? Henning Banthien und Jacob Birkenhäger haben für die Jahresausgabe 2023 der Fachzeitschrift Wissenschaftsmanagement einen Artikel zu dieser Frage geschrieben. Schauen Sie mal rein, oder sprechen Sie uns an.
Ihre Ansprechperson

Henning Banthien
Sprecher der Geschäftsführung
Telefon | +49 30 536077-14 |
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